Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Die Ära Uli Hoeneß bei Rekordmeister Bayern München ist nur vorerst Geschichte - und wird nach dem Willen des gefallenen Patrons noch ein Nachspiel haben. "Das war's noch nicht", rief Hoeneß "seinen Bayern" in einer kämpferischen Rede auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung zu, auf der Karl Hopfner erwartungsgemäß bis 2016 zum Nachfolger des zurückgetretenen Präsidenten gewählt wurde.
Wenn er nach Verbüßung seiner dreieinhalbjährigen Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung zurück sei, "werde ich mich nicht zur Ruhe setzen", kündigte Hoeneß an. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Hopfner begrüßten dieses Vorhaben ausdrücklich. Er freue sich auf Hoeneß' Rückkehr, sagte Rummenigge. Und Hopfner betonte, er werde "sicher nicht" gegen Hoeneß antreten, sollte der zurück an die Klubspitze streben.
Rummenigge verteidigte überdies den etwas in die Kritik geratenen Trainer Pep Guardiola. Zwischen Coach und Klub passe "kein Blatt Papier", sagte er, und kündigte an, den Kader für die kommende Saison weiter "qualitativ" verstärken zu wollen.
Hopfner, das wurde indes auf der Versammlung klar, ist nur Platzhalter für den "Mister FC Bayern" Hoeneß. Die 1593 Mitglieder im Audi Dome bedachten dessen Comeback-Ankündigung mit Standing Ovations. Während seiner Rede, die er sichtlich bewegt hielt, durfte sich Hoeneß über "Uli"-Rufe freuen.
"Ich will mich nicht sauberer machen als ich bin. Ich habe einen großen Fehler gemacht und werde für alles gerade stehen", sagte er über seine Steuersünden. Nach seiner Verurteilung Mitte März war er von allen Ämtern zurückgetreten. Das Amt des Aufsichtsratschefs übernahm adidas-Boss Herbert Hainer, allerdings dürfte Hopfner auch hier bei der nächsten Sitzung des Gremiums im September übernehmen.
"Wenn ich jetzt gehe, dann gehe ich mit ruhigem Gewissen", sagte Hoeneß, sein Lebenswerk sei mitnichten zerstört: "Ich mache mir um diesen Verein keine Sorgen. Wenn wir alle zusammenhalten, wird dieser Verein überhaupt keine Probleme kriegen."
Die Monate nach Bekanntwerden seiner Steueraffäre bezeichnete Hoeneß bei seinem ersten großen öffentlichen Auftritt seit der Verurteilung als "Trauma", vor allem für seine Familie. "Plötzlich war ich ein Arschloch, ein Schwein, ein Mann, der den Leuten das Geld aus der Tasche zieht", sagte er über die Berichterstattung mancher Medien.
Dem Gericht, das ihn verurteilt hatte, mache er wie der Staatsanwaltschaft keine Vorwürfe. Gegen andere habe er einen regelrechten "Hass" entwickelt, den er in der Haft loswerden wolle. "Ich gehe diesen schweren Gang und werde nachdenken über mich", kündigte er für die Zeit in der Justizvollzugsanstalt in Landsberg an.
Hopfner nannte den früheren Bayern-Profi und -Manager "Kopf, Bauch, stets Herz und immer Seele von Bayern München. Lieber Uli, du hast eine tolle Familie, du hast aber auch eine Familie, die zu dir steht in unserem Klub." Hoeneß verfolgte diese Rede mit zunehmender Rührung.
Hopfner war als langjähriger Finanzchef neben Hoeneß für den Aufstieg des FC Bayern zum deutschen Branchenführer maßgeblich mitbeteiligt. Er gehört dem Verein seit 1983 an und betonte, er wolle den Klub "mit Leidenschaft und Herzblut" führen. Hopfner wurde um 20.09 Uhr bei fünf Gegenstimmen und einer Enthaltung (Hopfner selbst) gewählt. Als seine Stellvertreter fungieren Rudolf Schels und Dieter Mayer.
Quelle: T-Online.de